In der Dermato-Urologischen Klinik der Medizinischen Fakultät in Okayama gab der Verfasser Kaninchen verschieden dosierte Injektionen von Thiobis und bestimmte die ausgeschiedene Bi-Menge im Harn und die Aufnahme von Bi im Blutserum und in der Cerebrospinalflüssigkeit. Dieselben Untersuchungen wurden angestellt, nachdem die Versuchstiere nach den Thiobis-Injektionen Injektionen mit Dextrose und anderen Präparaten erhalten hatten. I) Drei Gruppen Kaninchen erhielten einen über den anderen Tag je eine und im ganzen 3 Injektionen, und zwar erhielt die 1. Gruppe pro Injektion die klinische Dosis Thiobis, d.h. pro Kilo Gewicht 0.032cc=1.2mg. Bei der 2. Gruppe betrug die Dosis das Doppelte und bei der 3. Gruppe das Dreifache der klinischen. Die Untersuchung ergab Folgendes: 1) Die Harnmenge. Bei allen drei Gruppen nahm die Harnmenge bis zum 10. Tage ab. Die Abnahme ging bei der 1. und 3. Gruppe im allgemeinen langsam, bei einzelnen Fällen jedoch beschleunigt vor sich. Bei der 2. Gruppe wiesen alle Versuchstiere eine plötzliche Abnahme auf. Vom 10. Tage ab wird die Harnausscheidungskurve bei aufsteigender Tendenz mit leichter Zu- und Abnahme unregelmässig. In der gleichen Zeit findet im Harn eine geringe Ausscheidung von Bi statt, mit dessen völligem Verschwinden die Kurve der Harnausscheidung ziemlich ansteigt. Bei der 3. Gruppe läuft in der Zeit der schwachen Bi-Ausscheidung die Ausscheidungskurve des Harns mit der der Bi nahezu parallel. 2) Die Bi-Menge im Harn. Das Kurvenbild der Bi-Ausscheidung im Harn ist bei allen drei Gruppen nahezu das gleiche. Die höchste Ausscheidungsmenge wurde am 4. bzw. 7. Tags festgestellt. Bei der 2. und 3. Gruppe war die ausgeschiedene Menge grösser als bei der 1. Gruppe, aber das Grössenverhältnis entsprach nicht der Injektionsdosis, die bei der 2. Gruppe das 2 fache und bei der 3. Gruppe das 3 fache der klinischen Dosis, die die 1. Gruppe erhielt, betragen hatte. D.h. bei Thiobis-Injektionen übt die Stärke der Dosis allein auf die Ausscheidung von Bi im Harn keinen sehr grossen Einfluss aus. Die Höchstmenge des ausgeschiedenen Bi lag bei der 2. Gruppe sowohl wie bei der 3. Gruppe zwischen 2.4-3.667mg. Am 7. Tage setzte eine starke, plötzliche Abnahme der Bi-Menge ein, die am 10. Tage, in einigen Fällen am 13. Tage, von einem tragen Ausscheidungsprozess mit geringen Menge abgelost wurde. Zwischen dem 19. und 22. Tage setzte die Bi-Ausscheidung bei der 1. und 2. Gruppe völlig aus; die 3. Gruppe schied auch nach dem 22. Tage noch geringe Bi-Mengen aus. Die Ausscheidungskurve ist bei Thiobis vollig verschieden von der bei Milaneuen, was selbstverstandlich ist, da die Zusammensetzung. beider Präparate eine völlig verschiedene ist. 3) Die Bi-Menge im Blutserum. Am 10. Tage betrug bei der 1. Gruppe die im Serum nachgewiesene Bi-Menge 0-0.0034mg; am 16. Tage war sie noch geringfügiger; am 22. Tage war kein Bi mehr nachweisbar. Bei der 2. Gruppe waren die Mengen am 10. und 16. Tage grösser als bei der 1. Gruppe; doch wurde auch hier am 22. Tage kein Bi mehr festgestellt. Bei der 3. Gruppe, die bekanntlich die 3 fache Injektionsdosis erhielt, war in einem Fall am 10. Tage und in einem anderen Fall am 16. Tage eine geringfügige Bi-Menge (0.0001bzw. 0.0002mg) feststellbar; alle anderen Falle hatten das Resultat Null. Der Grund dafur ist die schon fruher bereits mehrfach angeführte Tatsache, namlich die Variabilität und Inkonstanz der Bi-Menge in der Blutzirkulation. 4) Die Bi-Menge in der Cerebrospinalflüssigkeit: die am 10. und 16. Tage vorgefundene Bi-Menge bei der 2. Gruppe betrug 0.0002-0.0034mg bzw. 0.0009-0.0017mg. Diese Mengen sind relativ gross im Vergleich zu den bei der 1. Gruppe an den gleichen Tagen vorgefundenenM enge. Die 3.G ruppe dagegen, bei der die Injektionsdosis (Thiobis) 3 mal so stark als bei der 1. und 1 1/2 mal so stark als bei der 2. Gruppe war, wies am 10. Tage kein Bi mehr auf. In der Zeit nach dem 10. Tage fanden sich im gleichen Zeitraum bei der 3. Gruppe grössere Bi-Mengen vor als bei der 1. Gruppe, aber kleinere als bei der 2. Gruppe. Bei der 2. Gruppe war der Übergang von Bi in der Cerebrospinalflüssigkeit am höchsten. Bei dieser Gruppe war die Injektionsmenge von Thiobis das 2 fache der klinischen Dosis. Bei der 3. Gruppe, die die 3 fache klinische Dosis Thiobis erhielt war dagegen der Übergang von Bi in die Cerebrospinalflüssigkeit ebenso wie bei der 1. Gruppe, die die normale klinische Dosis erhielt relativ kleiner. Bemerkenswert ist, dass die Höchstmenge des in die Cerebrospinalflüssigkeit übergegangenen Bi sich nicht bei der 3 fachen klinischen Dosis der 3. Gruppe, sondern bei der bloss doppelten klinischen Dosis der 2. Gruppe findet. Jedoch ist bei der 1. und 2. Gruppe, also bei einfacher resp. doppelter klinischer Dosis, am 22. Tage überhaupt kein Bi mehr in der Cerebrospinalflüssigkeit festzustellen, während bei der 3. Gruppe mit 3 facher Dosis am gleichen Tage 0.0002-0.0005mg noch vorfand. Der Grund dafür ist folgender: bei der 1. und 2. Gruppe haben wir ein frühes und beschleunigtes Übergehen von Bi in die Cerebrospinalflüssigkeit, während, es sich bei der 3. Gruppe um ein verözgertes Übergehen handelt, das dementsprechend länger andauert. Bei Verabreichung der klinischen Dosis (pro Kilo 0.032cc=1.2mg) zeigte sich bei den mit Thiobis (Injektion) behandelten Fällen ein grösserer Ubergang von Bi in die Cerebrospinalflüssigkeit albse i dem schon früher (1. experim. Teil) beschriebenen Milaneuen-Fall, bei dem die Injektionsdosis grösser gewesen war (Sie hatte pro Kilo 0.049cc=2.38mg betragen). Dagegen zeigte sich bei Verabreichung der 3 fachen klinischen Dosis von Thiobis bzw. Milaneuen das umgekehrte Bild. Milaneuen wies in diesem Fall den stärkeren Übergang von Bi in die Cerebrospinalflüssigkeit auf. 5) Bei der Thiobis-Injenktion nimmt das Körpergewicht ebenso wie früher bei der Milaneuen-Injektion mit der Zeit allmählich ab. Die Harneiweissuntersuchung fiel bei Thiobis weit stärker positiv aus als bei Milaneuen; d.h. bei allen 3 Gruppe ergab die am 4. und 7. Tage vorgenommene Harnuntersuchung ±-++; danach wiesen die 1. und 2. Gruppe - auf; bei der 3. Gruppe dagegen war das Untersuchungsergebnis bis zum 19. Tage grösstenteils ±. 6) Todesfall: Bei der 1. Gruppe mit einfacher klinischer Injektionsdosis erlag von 4 Tieren eines am 5. Tag; bei der 2. bzw. 3. Gruppe mit doppelter bzw. dreifacher klinischer Injektionsdosis erlagen von 5 bzw. 6 Tieren je drei am 9. oder 10. Tage. Todes ursache war in allen Fällen Intoxikation. II) Der Vergleich der Versuchsgruppe, die kombinierte Injektionen d.h. nach 3 Injektionen Thiobis (klinische Dosis) 3 intravenöse Injektionen mit 40% Dextrose (pro Kilo 2.0cc) erhalten hatte, mit der 2. Gruppe, die nicht-kombinierte Injektionen d.h. bloss Thiobis-Injektionen erhielt, hatte folgendes Ergebnis: 1) In den Fällen der kombinierten Injektionen nahm die Harnmenge bis zum 7. bzw. 10. (in einzelnen Fällen bis zum 13.) Tage gegenüber den nicht-kombinierten Injektionsfällen (bei gleichen Untersuchungszeiten) beträchtlich ab. In derselben Zeit, d.h. bis zum 7. bzw. 10., in einzelnen Fällen bis zum 13. Tage, verlief die Kurve des im Harn ausgeschiedenen Bi mit der abnehmenden Harn-Kurve parallel; nach dieser Zeit stieg die Harn-Kurve stark an, während die Bi-Kurve weiterhin abnahm. 2) Gegenüber der nicht-kombinierten Gruppe erreichte die kombinierte Gruppe am 4. bzw. 7. Tage die höchste Bi-Ausscheidungsmenge; am 10. bzw. 13. Tage war die Ausscheidungsmenge bereits bedeutend geringer. Doch hielt die Ausscheidungszeit dieser kleinen Mengen ziemlich lange an; erst am 22. Tage sank die Kurve auf Null. 3) Die Untersuchung auf Bi im Serum ergab in allen Fällen Null, bis auf einen Fall, der am 16. Tage 0.0002mg aufwies. In der Cerebrospinalflüssigkeit fand sich nachweisbar in einem Fall am 10. Tage 0.0024mg, und in einem anderen Falle am 16. Tage 0.0004mg Bi; in allen übrigen Fällen war das Ergebnis 0mg. D.h. bei mit Dextrose kombinierter Injektion ist die im Serum und in der Cerebrospinalflüssigkeit sich zeigende Bi-Menge nicht grōsser als auch bei der nicht-kombinierten Injektionsgruppe. 4) Das Körpergewicht nimmt genau wie in Nr. I) mit der Zeit allmählich ab. Ebenso ist der Nachweis für Harn-Eiweis positiv. Bei den Versuchen mit kombinierter Injektion (Thiobis mit Dextrose) kamen keine Todesfälle vor. Das bedeutet, Dextrose beseitigt die Intoxikationsgefahr des giftigen Thiobis. III) Bei den folgenden drei Gruppen, nämlich : a) der 1 . Gruppe, die nach 3 Injektionen Thiobis mit doppelter klinischer Dosis 3 Injektionen Pilocarpin oder Adrenalin erhielt (kombinierte Injektion), b) der 2. Gruppe, der lediglich die anderthalbfache Dosis Thiobis (drei mal) verabreicht wurde und, c) der 3. Gruppe, die die 6 fache Dosis Thiobis (3 mal) erhielt, zeigten sich folgende Vergiftungserscheinungen: 1) Bei allen 3 Gruppen zeigte sich 1-2 Tage nach der letzten Injektion mangelnder Appetit oder auch völlige Appetitlosigkeit, Diarrhoe u.s.w. (gastroentestinale Störungen), die Abmagerung zur Folge hatten. 2) Ferner nimmt bei allen 3 Gruppen die Harnmenge im allgemeinen ab, zum Teil beträchtlich. Besonders bei der 3. Gruppe nahm die Harnmenge beträchtlich ab, um schliesslich sogar in Anurie zu enden. Die Harnfarbe ist braun bis schwarzbraun. Bei der 2. Gruppe war das Harneiweis ++-+++, bei der 1. Gruppe +-+++, bei der 3. Gruppe, bei der die stärksten Vergiftungserscheinungen auftraten, ist dagegen das Ergebnis der Harneiweisuntersuchung nur ±-++. 〔(Die unter 1) und 2) beschriebenen Vergiftungserscheinungen, nämlich Appetitmangel, Harnabnahme und Harneiweis werden als prodromal angesehen.)〕 3) Bei allen 3 Gruppen, besonders bei der 3. Gruppe, ist die Bi-Menge im Harn gering. Bei der mit Pilocarpin kombinierten Injektion ist die Bi-Menge im Harn kleiner als bei der mit Adrenalin kombinierten Injektion. 4) Dem Vergiftungsgrade entsprechend erlagen natürlich die Versuchstiere früher oder später. Die heftigsten Vergiftungserscheinungen zeigten sich bei der 3. Gruppe; die Tiere starben bereits am 3. oder 5. Tage nach Beginn der Injizierung, die jeden über-nachsten Tag erfolgte; d.h. der Tod trat nach der 2. bzw. 3. Injektion ein. Die Tiere der 2. Gruppe starben in der Zeit vom 5. bis zum 8. Tage, die der 1. Gruppe in der Zeit vom 7. bis zum 9. Tage. 5) Die Todesursache in allen Fällen ist m.E., durch Thiobisvergiftung hervorgerufene Nephrose. Der Sektionsbefund bei den eingegangen Tieren der 3. Gruppe zeigte starke Schwellung der Nieren verbunden mit starker Trübung des Nieren-Parenchyms. 6) Die die Vergiftung hervorrufende Bi-Menge ist nach Zusammensetzung des Wismut-Präparates verschieden. Bei Thiobis, das ein wasserlösliches Präparat ist, ist die Vergiftungserscheinung weit heftiger als bei den wasserunlöslichen Präparaten Milaneuen und Bistolan. Doch zeigten der Vergiftungsgrad auch bei der gleichen Injektion-Menge Thiobis individuelle Unterschiede bei den einzelnen Versuchstieren.