Von mancher Seite, auch auf Grund klinischer Erfahrungen, wird die Anschauung vertreten, dass akute Pankreasnekrose durch mechanische Verletzungen der Drüsenzellen bedingt sei. Für diese Annahme spricht Röntgenaufnahme des Gallenganges, die klar darauf hinweist, dass der Gallensaft bzw. das Kontrastmittel verhältnismässig haufig und leicht in den Ausführungsgang des Pankreas einströmt ohne die akute Pankreasnekrose hervorzurufen. Wir mussen annehmen, dass das Rückfliessen des Gallensaftes, der eine Art des sog. Aktivators des Pankreassekretes darstellt, für sich allein nicht hinreicht, die Pankreasne krosehervorzurufen. I. Der Verfasser hat studiert zu erkennen, ob diese Annahme richtig ist, d.h., die akute Pankreasnekrose erst nach der mechanischen Verletzungen der Drüsenzellen auftritt. Der Verfasser hat also bei Hunden den Versuch vorgenommen, durch eine Kanüle, die mit einem Quecksilbermanometer gebunden war, Rindengalle, Olivenöl, eigener Galle der Hunden, 5% Lösung von Trypsin, Lösung von Kolibazillen, Blutserum von Schweinen, destilliertes Wasser usw. in den Hauptausführungsgang des Pankreas eingeführt, und zwar in folgenden vier Verhältnissen, nämlich in kleiner Menge bzw. in grosser Menge unter niedrigem Druck, in grosser Menge bzw. in kleiner Menge unter erhöhtem Druck. (niedriger Druck=8-5-6cm Höhe von Hg; erhöhter Druck=15-46cm Höhe von Hg; kleine Menge=1-2cc; grosser Mengo=5cc). Die Ergebnisse waren wie folgt: 1) Wenn Rindergalle, Olivenöl, eigene Hundegalle der Versuchstiere eingeführt werden, tritt die Nekrose ausnahmslos auf, mit der Ausnahme von Fällen in kleineren Mengen und unter niedrigem Druck. Durch Einfuhrung anderer Flussigkeiten dagegen, wie Lösung von Trypsin, Lasung von Kolibazillen, Blutserum von Schweinen, destilliertes Wasser usw., tritt keine Nekrose auf, obwohl diese Flüssigkeiten in grösseren Mengen und unter erhöhtem Druck eingeführt werden. Das besagt nähmlich, dass für die Entstehung der Nekrose mechanische Verletzungen allein nicht genügen, sondern dass der sog. Aktivator unbedingt notwendig ist. 2) Auffallend ist es, dass weder 5 proz. Lösung von Trypsin noch die Lösung von Kolibazillen noch das Blutserum von Schweinen nicht als Aktivator wirken können. Allerdings fördern diese Flüssigkeiten Auswanderung der Leukozyten und liefern damit in Bild akuter Pankreati tis in ausgesprochenem Masse, sind aber nicht imstande, akute Pankreasnekrose hervorzurufen. 3) Eine Ausnahme davon bildet destilliertes Wasser, welches, unter erhöhtem Druck in grösserer Menge eingeführt, 3 Stunden später im zentralen Abschnitt des Drüsenläppchens Nekrose in ausgedehntem Masse hervorruft. Diese Tatsache legt die Annahme nahe, dass die Einfuhrung der Flüssigkeiten, wenn sie auch kein Aktivator sind, wenn sie aber unter enorm erhöhtem Druck in grösserer Menge eingeführt werden, Nekrose hervorrufen kann. Als der Verf. aber 24 Stunden spater nach dem unter gleichen Umstanden ausgeführten Experiment die Versuchstiere getötet hatte, ergab sich, dass das Bild der Nekrose nicht nur an Zahl, sondern auch an Ausdehnung kleiner war als das 3 Stunden später nach dem Experimentbeobachtete Bild. Das kommt wohl daher, dass das Wasser nur eine vorübergehende Nekrose bild hervorruft, da das Wasser bald vom Organismus absorbiert und nicht imstande ist, auf die Enzyme aktivierend zu wirken und infolgedessen auch die aufgetretenen Affektionen, nur teilweise länger zurückbleibend, verhaltnismassig schnell abklingen. Was den Einfuhrungsdruck anbetrifft, so muss man wissen, dass der niedrige Druck von 3cm Hohe von Hg gleich dem Wasserdruck von 408mm Hohe ist, der den minimalen Druck. darstellt, worunter man in den Ductus pancreaticus keine Flussigkeit mehr einfuhren kann. Bei Hunden betragt ungefahr der Druck des Ductus pancreaticus 400mm Hohe von Wasser, der Druck des Gallenganges 350mm Hohe von Wasser, aus denen ersichtlich ist, dass im vorliegenden Experiment der Versuch unter niedrigerem Druck mehr der Wirklichkeit entspricht als der unter erhohtem Druck. In der Wirklichkeit findet ein so hohcr Druck von 15-46cm Hohe von Hg im lebenden Organismus gar nicht statt. II. Bei der experimentell hervorgerufenen akuten Pankreasnekrose dringt die in den Ductus pancreaticus eingefuhrte Flussigkeit unter die Kapsel dieses Organs ein und ein akutes odematoses Bild hervorruft. Es ist gewiss eine interssante Frage, wie die in den Ductus pancreaticus eingefuhrte Flussigkeit ins interstitielle Gewebe eindringen und sich unter der Kapsel des Pankreas ansammeln kann. Der Verf. hat als zweites Thema diese Frage zur Losung gebracht. Ale er namlich den sog. Aktivator in grosser Menge unter niedrigerem Druck eingefuhrt hatte, wurden im mittelgrossen Ductus pancreaticus Abstossung
der Schleimhaut und Zerreissung der Wand des Ductus und in der Umgebung dieser Partien die Nekrose im Verein mit Odem und Blutung beobachtet. Bei der Einfuhrung des Gemisches von Tuschen und Gallensaft in der Menge von 5cc unter dem Druck
von 3,5cm Hohe von Hg trat die Tusche in der Mittelpartie des Lappchens auf, wo auch eine Blutung erkennbar war. Bei starkerer Vergrosserung konnte man feststellen, dass die nekrotische Stelle mit der Tuschenstelle ubereinstimmte. Ausserdem wurden im Schaltstuck krankhaft zerstorte Stellen beobachtet, die an Ausdehnung sehr ungleichmassig waren und sich haufig in kolbiger Form verasternd, darstellten. Im Acinus waren ferner zwischenzellige Sekretkanalchen erkennbar; die Tusche darin, nachdem sie die Zwischenraume der einzelnen Drusenzellen hindurchgetreten war, zerbrach die Tunica propria und drang ins interstitielle Gewebe der Umgebung des Acinus hinein. Diese Tatsache weist eindeutig darauf hin, dass die unter erhohtem Druck ins Pankreaslumen eingefuhrten Flussigkeiten den mittelgrossen, Ductus, das Schaltstuck und die Zwischenraume der Drusenzellen hindurchziehen. Die Flussigkeiten, die aus dem Lumen des Pankreas herauegetreten sind, rufen beim Drusengewebe Blutungen und Nekrose hervor. III. Ferner hat der Verf. bei Hunden verschiedene Versuche angestellt, einmal hat er dem Pankreas Verletzungen durch Stich, Quetschung, Schneiden usw. gegeben, ein
anderesmal hat er den Hauptausfuhrungsgang des Pankreas durchschnitten und den Pankreassaft in die Bauchhohle gelenkt, wieder ein anderesmal hat er Rindergalle , Olivenol, Kolibazillenlosung usw. ins Drusenpanrenchym injiziert. Daraus erhielt er folgende Ergebnisse: 1) Durch die Verletzungen auf Pankreas durch Stich, Quetschung, Schneiden usw.
kann man keine akute Nekrose erzeugen, ausgenommen davon, dass in der Umgebung des Pankreas bisweilen Fettgewebsnekrose auftritt. Wenn man ferner bevor der Verletzung die Versuchstiere mit fett- und eiweissreichem Futter ubersattigt oder nach der Verletzung sie an den sympatischen Nerven oder dem Vagus gereizt hat, kann man indes keine nekrotische Erscheinung hervorrufen. Histologisch betrachtet sind Defekte am Gewebe , Zellinfiltration, Blutungen, Wucherung der Bindegewebe usw. feststellbar, doch macht sich kein Bild akuter Pankreasnekrose bemerkbar. 2) Die Durchtrennung des Ductus pancreaticus und die Einleitung des Pankreassaftes in die freie Bauchhohle fuhrt zu Fettgewebsnekrose der Bauchhohle, aber zu keiner akuten
Pankreasnekrose. 3) Durch Einfuhrung von Rindergall bzw. Olivenol als Aktivator der Enzyme direkt ins Drusenparenchym kann man allerdings akute Pankreasnekrose erzeugen, die Affektion
aber tritt nur an der Injektionsstelle in hohem Grade auf, sie ist aber nicht so ausgedehnter
und diffuser Natur wie sie bei der Einfuhrung in den Ausfuhrungsgang des Pankreas zum Vorschein kommt. Die Aktivatoren namlich rufen, wenn sie in den Ausfuhrungsgang des Pankreas eingefuhrt werden, viel hohergradige Affektionen hervor als sie ins Drusenparemchym injiziert werden. Die Kolibazillenlosung ist, wenn sie auch ins Panrenchym eingefuhrt wird, nicht imstande, die betr. Krankheit hervorzurufen.