Obwohl die durch Bakterientoxine verursachten Veränderungen der Leber bereits schon von vielen Autoren untersucht wurden, doch lauten die Angaben nur die Veränderungen der Leber nach der Injektion der Bakterientoxine und es steht keine Angabe über die zeitlichen Veränderungen und vergleichenden Beobachtungen. So injizierten wir nahezu Dosis letalis verschiedener Bakterientoxine (Typhus, Paratyphus, Dysenterie, Cholera und Diphtherie) in die Ohrvenen des Kaninchens. Um die zeitlichen Veränderungen und vergleichenden Beobachtungen zu studieren, verfolgten wir die Serien der Leber von 2 Stunden bis 17 Tagen nach der Injektion und bekamen folgenden Schluss. 1) Durch die intravenöse Einverleibung der akute Infektionskrankheiten hervorrufenden verschiedenen Bakterientoxine treten verschiedene Veränderungen (d. h. Hyperämie, Trübeschwellung, Vakuolenbildung und Hypertrophie der Sternzellen) in der Leber schon nach kurzer Zeit auf. Die Veränderungen sind dabei nicht gleich, sondern nach den Arten der injizierten Toxine zeitlich und graduell verschieden. 2) Bei Typhus zeigt die Leber zuerst Trübeschwellung der Leberzellen mit starker Hyperämie, dann tritt die Nekrose auf, die allmählich zunimmt, und die nekrotisierten Leberzellen bilden später relativ grossen Nekroseherd. Vakuolenbildung tritt mässig stark auf. Die Sternzellen hypertrophieren von ganz fräher Zeit an, gruppieren sich häufig aber locker und später zeigen sie verhältnismässig grosse abnorme Zellhaufen. 3) Bei Paratyphus tritt die Trübeschwellung trotz geringerer Hyperämie deutlich auf. Die Nekrose der Leberzellen tritt mässig stark auf und nimmt häufig grossen Herd. Vakuolenbildung ist weit geringer. In Bezug auf die Hypertrophie und abnorme Zellhaufenbildung der Sternzellen ist es gleichartig wie die bei Typhus. 4) Bei Dysenterie zeigt die Leber mässig starke Trübeschwellung mit starker Hyperämie. Die Nekrose der Leberzellen ist zerstreut sichtbar, aber die Nekroseherde sind weit spärlicher und kleiner. Dagegen finded man bei diesem Falle Atrophie der Leberzellen am deutlichsten. Vakuolenbildung im Protoplasma kommt wenig vor. Man sieht dabei Hypertrophie der Sternzellen ebenso, die jedoch unter den allen Fällen am spärlichsten ist, sogar zuweilen Atrophie der Sternzellen. Die abnormen Zellhaufen sind sehr klein und nicht deutlich. 5) Bei Cholera ist die Hyperämie sehr leichtgradig; von früher Zeit an tritt die Trübeschwellung auf und das Protoplasma der Leberzellen wird häufig grob-granulär, dann kommt verhältnismässig hochgradige Nekrose vor, welche zuweilen einen Herd bildet, der aber nicht so gross wie derjenige bei anderen Fällen ist. Vakuolenbildung im Protoplasma ist sehr leichtgradig. Bei diesem Falle findet man auch mässig hochgradige Hypertrophie der Sternzellen, welche zuweilen kleine lockere Zellgruppen bilden. Die abnormen Zellhaufen kommen auch vor, aber sie sind kleiner und spärlicher im Vergleich mit denjenigen bei Typhus und Paratyphus. 6) Bei Diphtherie kommt zuerst Trübeschwellung mit mittelmässiger Hyperämie vor, dann findet man überall grob-granulär verändertes Protoplasma. Die Nekrose der Leberzellen liegt zerstreut im Azinus, aber herdförmige Gruppe der Nekrosezellen ist ganz spärlich. Dagegen kommt die ganz hochgradige Vakuolenbildung im Protoplasma vor, manchmal ist der Eigenbau der Leberzellen schwer zu fiinden. Sternzellen zeigen mässig starke Hypertrophie, zuweilen aber auch degenerative Veränderungen. Die abnormen Zellhaufen treten ganz spärlich auf, und wenn sie auch vorkommen, ist ihre Grösse klein. 7) Polymorphkernige Leukocyten findent man in allen Fällen und es stellt sich, wie wenn es im Zusammenhang mit dem Blutgehalt steht. 8) Im Interstitium, besonders in der Umgebung der Gefässe und der Gallengänge findet man die Infiltration der Rundzellen von früher Zeit an, häufig auch diejenige der Fibroblasten in der späteren Zeit. Die Infiltration der Zellen ist kaum verschseiden je nach den Arten der injizierten Toxine. 9) Die abnormen Zellhaufen, welchen der Leber der Typhusleiche häufig vorkommen und bei Typhus und Paratyphus für spezifisch gehalten werden, sind nicht spezifisch für sie, sondern kommen sie auch durch die anderen Bakterientoxine der akuten Infektionskrankheiten vor. Aber bei den letzten Fällen ist die Häufigkeit weit geringer und die Grösse ist viel kleiner als bei Typhus und Paratyphus. 10) Aus den oben erwähnten Tatsachen sind wir überzeugt, dass die abnormen Zellhaufen zweifellos durch die abnormen Wucherungen der Sternzellen entstehen. Zur Bildung der abnormen Zellhaufen halten manche Autoren die Nekrose der Leberzellen für unentbehrliche Bedingungen. Dagegen glauben wir, dass sie zwei selbständige Veränderungen sind. Nach gewisser Wucherung sollen die gewucherten Sternzellen in die umgebenden Leberzellbalken infiltrativ eindringen und die lokalen Leberzellen stören. 11) Einige Autoren glauben, dass die Teilnahme der Polymorphkernigen Leukocyten zur Bildung der abnormen Zellhaufen unentbehrlich ist. Dagegen glauben wir, dass diese Leukocyten nur sekundär zum Vorschein kommen. 12) Mit dem Verschwinden der anderen Veränderungen verändern sich die abnormen Zellhaufen ebenso und zwar im weiteren Verlaufe scheinen sie spurlos zu verschwinden. 13) Unter diesen Veränderungen wird die Hyperämie in kurzer Zeit stärker, dann verschwindet sie rasch. Die Trübeschwellung der Leberzellen verschwindet auch verhältnismässig rasch, aber die Nekrose der Leberzellen vermehrt sich allmählich und erreicht seinen Höhepunkt später als die Hyperämie. Um diese Zeit treten auch die Hypertrophie und die Vakuolenbildung der Sternzellen stark auf und bleiben lange bestehen. Das Wachstum der abnormen Zellhaufen erfordert viel Zeit und mit dem Verschwinden anderer Veränderungen treten die degenerativen Veränderungen wahrscheinlich auf. Die Infiltration der Rundzellen im Interstitium tritt sehr frühzeitig auf, aber ihre zeitliche Veranderung ist nicht klar.